Judenhass nicht hinnehmen, sondern handeln!

Ein Pressebeitrag aus der Taunus Zeitung der Mediengruppe Frankfurt vom Montag den 18. Dezember 2023. Geschrieben von Walter Mitwald

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, heute Reichspogromnacht genannt, wollten Mitglieder der Hitlerjugend die Villa Rothschild in Königstein in Brand setzen. So weit kam es nicht. Königsteiner Bürger, so ist es in den Annalen der Stadtgeschichte übermittelt, haben eine Menschenkette um das Anwesen gebildet und somit die Zerstörung der Villa Rothschild verhindert. Der Hass auf Juden, der vor 85 Jahren in Deutschland herrschte, ist nicht Vergangenheit. Hierzulande und in aller Welt flammt er wieder auf. Deshalb lud die „Montagsgesellschaft“ in die geschichtsträchtige Stätte, die Villa Rothschild, zum Diskussionsabend unter dem Thema „Nie wieder ist jetzt. Warum gerade jetzt der Schulterschluss mit Israel wichtig ist“ ein.

Makkabi vereint alle Religionen

Es diskutierten, moderiert von dem Vorsitzenden der Montagsgesellschaft, Stefan Söhngen, der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer, der Rabbiner Andrew Aryeh Steimann und der Sulzbacher Bürgermeister Elmar Bociek (CDU), die gemeinsam mit den Gästen auch das Chanukka-Fest feierten, das an den Sieg der Makkabäer gegen die syrischen Eroberer und die anschließende Wiedereinweihung des Tempels im Jahr 164 vor Christus erinnert. Eindrucksvoll und von einer besonderen Spannung geladen waren das Podiumsgespräch und die anschließende Diskussion. Da stand verzweifelt, ängstlich und kämpferisch zugleich der am 6. Juni 1974 im Frankfurter Nordwest-Krankenhaus geborene Diplom-Kaufmann und Präsident des jüdischen Sportverbandes Makkabi Deutschland, Alon Meyer, auf dem Podium.

Unter dem Dach von Makkabi treiben Menschen aus verschiedenen Nationalitäten von verschiedenen Religionen, auch Muslime und Christen, friedlich vereint Sport. Fußtritte treffen „unser Zusammensein“ Für Alon  Meyer hat sich seit dem 7. Oktober, dem mörderischen Überfall der Hamas-Terroristen auf israelische Dörfer und Kibbuzim, die Welt verändert. „Ist das noch mein Frankfurt, ist das noch mein Deutschland?“, fragte der Mann anlässlich des Judenhasses auf unseren Straßen. Alon Meyer hat im ZDF-Sportstudio den Fußball-Bundesligisten FC Bayern München wegen des Umgangs mit dem Verteidiger Noussair Mazraoui nach dessen israelfeindlichen Äußerungen gerügt und ebenfalls im ZDF bei Moderator Markus Lanz zum Kampf gegen den in Deutschland wuchernden Antisemitismus aufgerufen.

Meyer hält es für ein „Armutszeugnis“, dass jüdische Einrichtungen in Deutschland wieder bewacht werden müssen, dass „unser aller Zusammensein mit Füßen getreten wird“, dass die anständige Mehrheit zu leise sei und lauter werden müsse. Meyers Appell: „Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern handeln.“ Der Rabbiner und Lehrer Andrew Aryeh Steimann, der auch ein jüdisches Altersheim der Budge-Stiftung in Frankfurt-Seckbach mitbetreut, hält den Gaza-Krieg für einen Kampf um geistige Werte. „Hamas ist hebräisch und heißt Gewalt“, sagte er bei dem Treffen in Königstein und schilderte seine Gespräche mit älteren Juden, „die im Zweiten Weltkrieg in Bombenkellern saßen mit Nazis, die sich heute Hamas nennen“. Steimann kritisierte, dass das Thema Antisemitismus in den Schulen und Universitäten in Deutschland und besonders in den USA kaum eine Rolle spiele.

Es sind fundierte Aussagen von Männern, die in und mit dem Konflikt leben. Wie aber kommt der Sulzbacher Bürgermeister Elmar Bociek als Hauptakteur auf dieses hochkarätige Podium in der Königsteiner Villa Rothschild? Die Antwort: Der Vorsitzende der „Montagsgesellschaft“, Stefan Söhngen, und Elmar Bociek haben sich vor etwa 15 Jahren bei einem Seminar kennengelernt und pflegen seitdem intensive Kontakte. Söhngen ist der Meinung, dass nicht nur in den großen Städten gegen den Judenhass gekämpft werden soll, sondern dass sich die Botschaft auch in der Region wie ein Lauffeuer verbreiten soll, und da wurde Sulzbach im Main-Taunus-Kreis als Pilotprojekt ausgewählt. Das als Standort fürs Main-Taunus-Zentrum bekannte Sulzbach, eine Gemeinde mit weniger als 10000 Einwohnern, soll ein Signal setzen im Schulterschluss mit Israel. Bei Elmar Bociek rennt Stefan Söhngen offene Türen ein. Der Sulzbacher Bürgermeister schilderte, dass seine Bezüge zum Judentum bis in seine Kindheit zurückgehen. „Als Jüngster durfte
ich in Bad Soden mit 150 Personen das Pessachfest feiern.“ Partnerschaften mit Städten im Ausland haben sich überholt, sagt Bociek, aber: „Eine Partnerschaft mit Israel würde überdauern.“

Das Lichterfest im MTZ begehen

Bociek gehört zu denen, die nicht nur reden, sondern handeln wollen. „Noch stehen wir am Anfang, aber wir werden Pläne entwickeln für zukünftige Maßnahmen.“ Mit dabei in Königstein war Sandra Schiwy, die im Sulzbacher Rathaus gemeinsam mit Monika Moser das Kulturbüro leitet: „Wir werden versuchen, schon 2024 einiges zu diesem Thema umzusetzen.“ Eine erste Idee wurde bereits geboren: Sulzbach hat als großen Multiplikator das MTZ. Dort könnte zum Jahresende 2024 in einem großen Rahmen das jüdische Lichterfest (Chanukka) gefeiert werden. Für Bürgermeister Bociek ist klar: „Bei einem derart wichtigen Thema lohnt es sich, Multiplikator zu sein.“ Er unterstrich das Motto von Königstein: „Nie wieder ist jetzt. Schulterschuss mit Israel ist wichtig.“ Aus dem benachbarten Main-Taunus-Kreis waren auch die Stadtverordnetenvorsteher aus Bad Soden, Helmut Witt, und Schwalbach, Jan Frey, sowie der Bad Sodens Erster Stadtrat Felix Fischer anwesend.

Plattform für politische Diskussionen

Der Verein Montagsgesellschaft versteht sich als eine parteiunabhängige Plattform für bürgerliches Interesse, der politische Diskussionen fördert und veranstaltet. Seit 2005 treffen sich einmal pro Monat circa 60
bis 150 Personen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sowie Bürger an wechselnden Orten in Frankfurt und Umgebung, seit 2017 auch in Hamburg und München. Zu den Gesprächsgästen zählten zum
Beispiel Angela Merkel, Joachim Gauck, Volker Bouffier, Christian Lindner, Michel Friedmann, Heiner Brand und Joey Kelly. Die historische Mittwochsgesellschaft dient als Vorbild. Diese traf sich von 1863 bis 1944 jeden zweiten Mittwoch für eine freie wissenschaftliche Diskussion im Hause des preußischen Kulturministers Moritz-August von Bethmann-Hollweg.

Geschichtsträchtiger Ort

Die zwischen 1888 und 1894 errichtete Villa Rothschild in Königstein ist die ehemalige Sommerresidenz der jüdischen Frankfurter Familie Goldschmidt-Rothschild. Sie wurde zum Empfang hochrangiger
Adliger und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft genutzt. 1938 flüchtete die Familie Rothschild vor den Nazis in die Schweiz. Dank einer Menschenkette, die Königsteiner Bürger bildeten, wurde das Anwesen in der
Reichspogromnacht vor der Zerstörung bewahrt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es auch „Haus der Länder“ genannt und gilt als „Wiege des deutschen Grundgesetzes“, das in den Räumlichkeiten in der
Ära Adenauer und Heuss zum Teil erarbeitet und formuliert wurde. Heute ist die Villa Rothschild ein Fünf-Sterne-Luxushotel und Restaurant.

Kontakt | Synergie nutzen

Dr. Stefan Söhngen

Fuchstanzstr. 32
60489 Frankfurt am Main

Telefon:
+49 69 - 247 41 230

E-Mail:
s.soehngen@relationing.de

Stefan Soehngen on the web

Relationing on the web

Montagsgesellschaft on the web

Newcomers Network on the web