Am Abend der Veranstaltung „Yes, she can?! – USA vor der Wahl“ stellte die Montagsgesellschaft aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in den Vereinigten Staaten ins Zentrum der Diskussion. Die Frage, welche Konsequenzen die bevorstehenden US-Wahlen für die transatlantischen Beziehungen haben könnten, beschäftigte das hochkarätig besetzte Podium und das engagierte Publikum. Im historischen Bethmannhof, unterstützt vom Team der Massif Central, wurden die Gäste in besonderem Ambiente empfangen und konnten tiefgehende Analysen und Einsichten zur politischen Lage der USA und ihren Auswirkungen auf Europa verfolgen.
Die Veränderung der amerikanischen Gesellschaft: Vom „Spirit“ der 90er Jahre zur heutigen Spaltung
Der Abend begann mit Rückblicken auf persönliche Erlebnisse und Eindrücke aus den USA, die verdeutlichten, wie stark sich das Land in den letzten 30 Jahren verändert hat. Mit Anspielungen auf Kennedys Rede in Frankfurt oder den legendären Auftritt David Hasselhoffs erinnerte das Podium an die „Soft Power“, die die USA einst weltweit ausstrahlten. Heute hingegen prägen soziale Spaltung, Armut und Obdachlosigkeit viele Städte wie San Francisco oder Buffalo.
Professor Dr. Nicole Deitelhoff vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung stellte fest, dass die Vermögensschere ein beispielloses Ausmaß erreicht hat. Drogenabhängige und obdachlose Menschen prägen das Stadtbild vieler Metropolen – ein Zustand, der den demokratischen Zusammenhalt und die liberale Weltordnung bedrohen könnte. Diese Eindrücke veranlassten auch einige Zuschauer zur Wortmeldung, die die Spaltung und Ungleichheit noch gravierender wahrnehmen und die Dringlichkeit für die USA betonten, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Das Wahlsystem: Ein Hindernis für den Wandel
Im Anschluss widmete sich das Podium dem Wahlsystem der USA und den damit verbundenen Herausforderungen. Im Gespräch ging es um zentrale Begriffe wie „popular vote“, „electoral college“ und „winner takes all“, die das System prägen und gleichzeitig umstritten machen. Durch die komplizierte Struktur und die divergierenden Wahlrechte in den verschiedenen Bundesstaaten ist das System schwer reformierbar, obwohl laut Umfragen rund 80 % der Demokraten und 50 % der Republikaner Verbesserungen fordern.
Die Parteilandschaft in den USA, so wurde betont, sei in ihrer ideologischen Aufstellung vergleichbar mit der „Ampelkoalition“ in Deutschland, was die tiefen gesellschaftlichen Gräben nochmals verdeutlicht. Die extreme Polarisierung reicht so weit, dass selbst familiäre Beziehungen von politischen Differenzen belastet sind – sogar Hochzeiten zwischen den Anhängern unterschiedlicher Parteien sind oft undenkbar geworden. Diese Entwicklungen geben Anlass zur Sorge, wie die USA es schaffen werden, ihren Zusammenhalt zu wahren.
Die USA als Weltmacht: Innen- und Außenpolitik im Fokus
Dr. Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies betonte, dass die USA nach wie vor die weltweit führende Wirtschaftsmacht sind. Dies wird durch eine zunehmend protektionistische Wirtschaftspolitik unterstrichen, die etwa Zölle auf ausländische Produkte erhebt, um die eigene Wirtschaft zu stärken. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner unterstützen die „Deglobalisierung“ und eine Reduzierung des Staatsdefizits, was beispielsweise zu Zöllen auf Autos aus Mexiko oder auf günstige Massenprodukte aus China führen könnte. Kritiker dieser Politik sehen darin jedoch eine zusätzliche Belastung für ärmere Bevölkerungsschichten, die auf erschwingliche Produkte angewiesen sind.
Diese wirtschaftspolitische Strategie, so erläuterte Dr. Thunert, ist ein doppeltes Schwert: Während sie der heimischen Wirtschaft zugutekommen könnte, werden die sozialen Schichten, die ohnehin finanziell benachteiligt sind, besonders unter den steigenden Preisen leiden. Der Ausdruck „Zölle der Armen“ wurde geprägt, um das Problem zu verdeutlichen.
Perspektiven für Europa und Deutschland
Eine entscheidende Frage des Abends war, wie Europa und Deutschland auf die künftige US-Politik reagieren können und wie die transatlantischen Beziehungen gestärkt werden könnten. Vor allem wenn die Ampelregierung in Deutschland weiterhin Kurs halten und Europa mit seinen transatlantischen Partnern enger zusammenarbeiten will, müssen die politischen und wirtschaftlichen Interessen besser aufeinander abgestimmt werden.
Einige Publikumsstimmen verwiesen auf die in Europa nur selektiv wahrgenommenen Einschätzungen des Hudson Institutes und der Heritage Foundation, die Trumps Einfluss auf eine Staatskrise bis hin zu einem potenziellen Bürgerkrieg durch die Exekutivmacht und „dehumanisierende Sprache“ gegenüber Migranten fürchteten.
Ein besonderer Dank
Die Montagsgesellschaft dankt Professor Dr. Nicole Deitelhoff, Dr. Martin Thunert und Sarah Wagner für ihre tiefgehenden Einblicke und Analysen. Ebenso gilt ein Dank dem Team der Massif Central im Bethmannhof, das für die exzellente Betreuung und die eindrucksvolle Atmosphäre sorgte.
Ein Blick in die Zukunft der transatlantischen Beziehungen
Die Veranstaltung zeigte deutlich, wie wichtig die bevorstehenden Wahlen in den USA für Europa und insbesondere für Deutschland sind. Die Diskussionen machten die komplexen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der USA sichtbar und zeigten auf, welche Rolle Europa in dieser neuen Weltordnung einnehmen könnte. Die Montagsgesellschaft wird die Entwicklungen weiterhin aufmerksam verfolgen und das Thema bei zukünftigen Veranstaltungen vertiefen.